SOUND DESIGN,
SOUNDEDITOR*IN
Gestaltung der Tonebene des Films, Schnitt und Bearbeitung der Originalton- und Geräuschaufnahmen sowie von Archivtönen, Komposition von Atmosphären und Geräuscheffekten
(auch: Tongestalter*in, Toneditor*in)
Die Aufgabe der Soundeditor*innen ist die Gestaltung der Tonebene im Film. Dazu gehören eine Reihe von spezialisierten Tätigkeiten, die in diesem Berufsbild vorgestellt werden.
Die Tongestaltung hat einen großen Anteil an der künstlerischen Gesamtwirkung eines Films. Gerade die auditive Information trägt viel zur (meist unbewusst wahrgenommenen) Definition von Ort und Zeit bei. Sie ist ein dramaturgisches Mittel zur Schaffung einer emotionalen Grundstimmung, zur Nachbildung der Realität oder Erschaffung einer Illusion [1], welche die Bildwirkung ergänzt, erweitert oder sogar über sie hinaus geht.
Filmbilder entfalten häufig erst im Zusammenspiel mit Musik und Tongestaltung ihre gewünschte Wirkung. Selbst das gezielte Platzieren von Stille, der bewusste Verzicht auf Ton ist eine künstlerisch-gestalterische Entscheidung. So ist das Bewegtbild im Grunde immer auf auditive Unterstützung angewiesen. Dies war bereits beim „Stummfilm“ der Fall, der nie wirklich stumm war, denn schon damals erweiterte die musikalische Begleitung die emotionale Wirkung des bewegten Bildes.
Historie
Ursprünglich gehörte die Tongestaltung mit zu den Aufgaben der Bildmontage. Es war üblich, dass sie die Tonbearbeitung mit ihrer Assistenz selbst durchführte. Durch das Aufkommen neuer, aufwändigerer Mehrkanalformate wuchs auch der Aufwand in der Tonbearbeitung. Dieser erforderte eine neue spezialisierte Qualifikation. So entwickelte sich der eigenständige Beruf der Tongestalter*innen. (Sie kamen fortan immer seltener aus dem Bereich der Filmmontage, sondern aus Berufen oder Ausbildungen der Musikbranche oder Tonaufnahmetechnik.)
Mit der Einführung des digitalen Tonschnitts erweiterten sich die Gestaltungsmöglichkeiten des Soundeditings erheblich. Eingriffe in die Klanggestaltung, die früher nur in Mischateliers möglich waren, werden heute zunehmend in der Tongestaltung vorbereitet oder ausgeführt.
Tätigkeiten
Der für die Tonbearbeitung zur Verfügung stehende Zeitrahmen erfordert häufig die Aufteilung in die Tonbereiche Dialog/O-Ton, ADR (Sprachsynchronisation), Foleys (Geräusche), Atmos/Effekte und Musik, die dann von unterschiedlichen Soundeditor*innen bearbeitet werden.
Dialogschnitt (oder Originaltonbearbeitung, O-Tonschnitt)
Der Dialog ist eines der bedeutendsten handlungsführenden Elemente der Filmerzählung. Wichtigstes Ziel der Dialoggestaltung ist es, dem Filmwerk zu einer klaren und verständlichen Sprache zu verhelfen und die Dramaturgie zu unterstützen. In einem aufwendigen und detailintensiven Prozess wird der Dialog aus den Originaltönen herausgearbeitet, oder wenn nötig durch Sprachsynchron ersetzt. Die Arbeitsschritte sind:
- Überprüfung des O-Tons auf technische Mängel und Verständlichkeit (sog. O-Ton-Check, oft gemeinsam mit Mischtonmeister*innen in Anwesenheit von Regie und ADR-Editor*in)
- Erstellen der Synchronliste basierend auf dem O-Toncheck bzw. den Wünschen der Regie
- Austausch unbrauchbarer oder dramaturgisch unpassender Töne gegen alternative Takes oder Nachsprecher und Nurtöne
- Entfernung punktueller Störgeräusche
- Pegeln
- Filtern
- Sinnvolle Spurenverteilung für die Mischung
- Erstellen und Anlegen von Füllatmos für zu synchronisierende Stellen
IT-Vorbereitung
- Überprüfung des O-Tons auf Verwendbarkeit für die IT-Fassung (Internationale Tonfassung ohne Sprache)
- Trennen der O-Töne in Sprach- und Geräuschelemente
- Teilnahme an der Dialogvormischung (Kommunikation wichtiger Informationen an die Mischtonmeister*innen und Bedienung der DAW im Mischstudio)
Christopher
Nolan
„I like films where the music and the sound design, at times, are almost indistinguishable.“
ADR (oder Sprachsynchron)
- Vorbereitung von Takelisten für die Sprachsynchronisation (häufig auch ADR für engl. automated dialogue replacement genannt)
- Betreuung der Sprachaufnahmen (bspw. Kommunikation mit den Schauspielenden um hinreichend synchrone Aufnahmen zu gewährleisten)
- Auswahl der aufgenommenen Alternativen in Zusammenarbeit mit der Regie
- Schnitt der Sprachaufnahmen um Lippensynchronität zu erreichen; ggfs. weitergehende Bearbeitung (Pegeln, Filtern usw.)
- in Absprache mit Sounddesign und Dialogschnitt: Gestaltung von Sprachatmosphären (sog. „Menge/Masse“-Spuren, auch engl. „Walla“ genannt)
- Teilnahme an der Dialogvormischung oder gegebenenfalls an der ADR-Mischung (Kommunikation wichtiger Informationen an die Mischtonmeister*innen und Bedienung der DAW im Mischstudio)
Sounddesign (oder Tongestaltung)
In der Gestaltung der Atmosphären definiert und öffnet das Sounddesign die Räume, in denen die Filmhandlung stattfindet. (Wo sind wir? Wie ist es da, wo wir sind? Warm? Kalt? Friedlich? Bedrohlich?) Die Toneffekte geben den nichtmenschlichen Komponenten des Filmes den gewünschten emotionalen Charakter (Fahrzeuge, Mobiliar, Geräte, Tiere, nichtmenschliche Kreaturen). Sie lassen real wirken, was beim Drehen simuliert werden musste (Schüsse, Glascrashs, Autounfälle etc.). Das Sounddesign kann den Film größer und reicher wirken lassen, aber auch klaustrophobische Enge oder beklemmende Stille erzeugen. Arbeitsbereiche sind:
- Erarbeitung eines künstlerischen Tonkonzepts/Dramaturgische Gestaltung der Tonebene (siehe hierzu auch Supervising Soundeditor*in)
- Zusammenstellung des Tonteams anhand der voraussichtlichen Anforderungen des Projekts (siehe auch hierzu Supervising Soundeditor*in)
- Aufmerksam machen auf Töne, die unbedingt am Set aufgenommen werden sollten, gegebenenfalls durch die Einstellung zusätzlicher Aufnahmetonmeister*innen, die unabhängig von O-Tonmeister*innen z.B. Effekte, Atmos, Mengen aufnehmen sollen, die später nur schwer und kostspielig herstellbar sind
- Selektion und Bearbeiten von Archivgeräuschen
- Erschaffung und Gestaltung von Toneffekten und Atmosphären
- Kommunikation mit den Foleyeditor*innen über konzeptionell benötigte Geräusche, die sich nicht aus dem Bildinhalt ergeben (z.B. Geräusche im OFF, besondere Texturen, Verstärkungen und anderes)
- Kommunikation mit den Filmkomponist*innen um ein optimales Zusammenspiel von Tongestaltung und Musik zu erreichen
- Teilnahme an allen Vor- und Hauptmischungen (Kommunikation wichtiger Informationen an die Mischtonmeister*innen und Bedienung der DAW im Mischstudio)
Effekt-Schnitt
Soundeditor*innen, die im Gegensatz zu Sounddesigner*innen nicht gesamtverantwortlich Effekte gestalten, sondern spezielle Teilbereiche des Sounddesigns übernehmen.
Foleys (oder Geräuschsynchron)
Im Geräuschsynchron werden die Körpergeräusche der handelnden Figuren verstärkt oder ersetzt (Schritte, Bewegung, Handhabung von Werkzeugen etc). Zudem wird Tonmaterial aufgenommen, das Teil des Sounddesigns wird (Effekt-Foleys). Die Soundeditor*innen arbeiten dabei mit den Geräuschemacher*inne und den Geräuschtonmeister*innen zusammen. Ihre Aufgaben sind:
- Vorbereitende Kommunikation über alle konzeptionell benötigten Geräusche.
- Supervision der Geräuschaufnahmen
- Schnitt der Geräusche um perfekte Synchronität zum Bild zu erreichen.
- Anpassung der Laustärkeverhältnisse und Klangfilterung der einzelnen Geräusche zu einem sinnvollen Gesamtklang
- Erstellung von Vormischungen aus vielen Einzelkomponenten bestehender Geräusche
- Zweckmäßige Spurenverteilung für die Mischung (in Absprache mit den Mischtonmeister*innen) und evtl. Übergabe spezieller Geräuscheffektaufnahmen an die Sounddesignabteilung
- Teilnahme an der Geräuschvormischung (Kommunikation wichtiger Informationen an die Mischtonmeister*innen und Bedienung der DAW im Mischstudio)
Musikschnitt
- Anlegen der Musik zum Bild
- Gegebenenfalls Schnitt der Musik in Zusammenarbeit mit Komposition und Regie
- Erstellung einer Musikliste (in Absprache mit den Komponist*innen) für die Anmeldung bei Verwertungsgesellschaften
Teilnahme an der Musikvormischung und/oder der Hauptmischung (Kommunikation wichtiger Informationen an die Mischtonmeister*innen und Bedienung der DAW im Mischstudio)
Voraussetzungen
- Kreativität und Vorstellungsvermögen
- Flexibilität und Einfühlungsvermögen
- Kenntnisse der Film- und Tondramaturgie
- Kenntnisse im Umgang mit DAWs
- Einwandfreie Hörfähigkeit
- Belastbarkeit
- Teamfähigkeit
Ausbildung
Eine Umfrage der Berufsvereinigung Filmton e.V. aus dem Jahre 2008 hat ergeben, dass fast die Hälfte der in Deutschland als Soundeditor*innen tätigen Personen ein abgeschlossenes Studium als Diplom-Tonmeister*in oder Diplom-Toningenieur*in vorzuweisen haben; ein weiteres Sechstel hat ein fachverwandtes Studium wie bspw. ein Musikstudium abgeschlossen.
Ein Drittel der Befragten hat eine abgeschlossene Berufsausbildung als Mediengestalter*in Bild und Ton, Tontechniker*in oder ist Absolventen*in einer privaten Ausbildungseinrichtung.
Lediglich ein Fünftel der Befragten fand seinen Weg in den Beruf ohne staatlich anerkannte Ausbildung im Bereich Tontechnik oder Nachrichtentechnik.
Eine staatlich anerkannte Ausbildung mit der Berufsbezeichnung „Soundeditor*in“ gibt es zur Zeit in Deutschland nicht.