Nach zwei Jahren Pause konnte die Berufsvereinigung Filmton dieses Jahr wieder ein Panel mit Filmvorführung im Programm des Filmfest München platzieren. Mit „So was von da“ (DE 2017, Regie: Jakob Lass, 100 Min.) gelang es uns einen Film zu zeigen, der wirklich ganz spezielle Anforderungen an den Tonherstellungsprozess stellte. Im anschließenden Panel wurden diese Besonderheiten ausführlich erläutert und das Tonkonzept des Films dem interessierten münchner Publikum näher gebracht.
Als Gäste waren Manuel Meichsner und Valentin Finke von Chaussee Soundvision nach München gekommen. Meichsner fungierte als Soundsupervisor des Projekts und übernahm auch das Sounddesign, während Finke für die Mischung des Films verantwortlich ist. Des weiteren kamen die beiden Filmkomponisten Jen Bender und Raphael Schalz, welche zusammen unter dem Label Greatest Kidz firmieren und den größten Teil der Filmmusik beisteuerten. Und nicht zuletzt war auch Regisseur Jakob Lass, gekommen, feierte sein Film wenige Tage zuvor beim Filmfest München auch Premiere. Die Moderation des Panels übernahm wieder Eleonore Daniel.
„So was von da“ ist ein schneller, überdrehter Partyfilm. Klubbetreiber Oskar muss Schutzgeld auftreiben, die Silvesterparty in seinem Musikklub am Laufen halten, sich um Feinde, Freunde, alte und neue Lieben und um die im Fahrstuhl eingeschlossene Staatsgewalt kümmern – und das alles gleichzeitig. Musik spielt dabei naturgegeben eine zentrale Rolle. Da die Handlung des Film während einer einzigen, langen Silvesternacht stattfindet, ist allein die Menge an Musik – einerseits in Form von Konzerten verschiedener Künstler (u.a. Großstadtgeflüster, Fuck Art Let’s Dance, Bela B.), andererseits gespielt von DJs im Klub – enorm groß.
Als Vorlage zu „So was von da“ diente der gleichnamige Roman von Tino Hanekamp, an dem sich Regisseur Lass mit Ausnahme des letzten Akts, orientierte, den Film aber nach eigenen Worten als „improvisierte Romanadaption“ inszenierte.
Wie immer gab es auch in München zunächst einmal den Film zu sehen. Danach ging es ohne Unterbrechung gleich mit der Gesprächsrunde los. Regisseur Jakob Lass gab einführend einen ausführlichen Überblick der Dreharbeiten und des Postproduktionsprozesses. Die improvisatorische Inszenierung bedingte eine sehr aufwändigen Schnittphase von rund sieben Monaten.
Sowohl beim Dreh als auch danach arbeitete er, wie auch bei seinen letzten Filmen, mit einem bewährten Team zusammen, dass sich schon zu Zeiten des Studiums an der Filmuniversität Babelsberg zusammengefunden hatte. Der Dreh des Films dauerte insgesamt 36 Tage. Zentraler Bestandteil war dabei ein Kerndreh von vier Tagen, der während einer echten Party stattfand. Dazu wurden insgesamt 1200 Gäste in einen zu diesem Zeitpunkt leerstehenden Hamburger Club geladen. Sie bildeten die Kulisse für die Klubnacht der Erzählung. Doch natürlich kann man nicht vier Nächte lang Party feiern, ohne dass dabei Musik läuft – und da diese Musik anschließend zumindest teilweise im Film vorkommen würde, musste sie lizensierbar sein. Also wurde die gesamte Partymusik – für vier Nächte – von Greatest Kidz vorproduziert. Jen Bender und Raphael Schalz erläuterten ausführlich diesen ungewöhnlichen Vorproduktionsprozess. Um auf reine „Subtracks“ während Dialogszenen verzichten zu können, komponierten die beiden zusätzlich besonders tieffrequente Musik für das Klubpublikum. Diese „komische Musik“ erlaubte es die Stimmung im Klub aufrecht zu erhalten, wenn die Kamera anging. „Die Gäste reagierten immerhin gnädig auf den ungewöhnlichen Sound“ bemerkte Bender schmunzelnd.
Der „Improdreh“ forderte aber auch nach Besonderheiten in der Postproduktion des Films. Valentin Finke führte aus, dass das improvisierte Arbeiten naturgemäß nicht die Qualität des Originaltons ermöglicht, die man bei fest gesetzten Dialogen gewohnt ist. Auch die Auswahl an Takes ist wesentlich geringer als bei konventionellen Dreharbeiten, unterscheiden sich diese doch zu sehr, um gegeneinander ausgetauscht zu werden. Somit war einerseits der Zeitaufwand für den Originaltonschnitt des Films ungewöhnlich hoch. Andererseits erschien es sinnvoll, bereits während dem Bildschnitt Synchronaufnahmen zu machen, um Dialoge zu ergänzen und die Emotionalität und Wirkung von Szenen zu überprüfen. Dabei wurde auf die traditionelle Synchronarbeitsweise verzichtet und der Dialog ebenfalls improvisiert aufgenommen. In der abschließenden Filmmischung wurde dann teilweise auf die Sprachverständlichkeit im Klub bewusst verzichtet oder die Dialoge sehr leise gehalten, um eine möglichst realistische Atmosphäre zu erzeugen.
Anhand von Filmausschnitten erläuterten Meichsner und Finke daraufhin ausführlich die Konzeption des Sounddesigns. In einer motivischen Herangehensweise unterstützten sie die Struktur des in Kapiteln eingeteilten Films, indem jedem Hauptcharakter spezielle Sound zugewiesen wurden. Dies erhöht einerseits den Wiedererkennungswert der Figuren, verstärkt aber auch die Emotionale Rolle der jeweiligen Figur und erzeugt auf sehr subtile Weise Spannung unter der fast durchgängigen Partymusik.
Abschließend wurde das sogenannte „Stimmdesign“ erklärt. Verzerrungen, Tonhöhenveränderungen und Echos helfen den Rausch der Party – und des dort stattfindenden Drogenkonsums – zu illustrieren. Das Sounddesign führt den Kinobesucher durch die Partynacht und hilft ihm in die Erlebnisse der Protagonisten einzutauchen.
Im Abschließenden Q&A wurde noch auf die aktuelle Entwicklung zu mehr Realismus in der Darstellung von musikalischen Darbietungen in Filmen eingegangen. Eine Besonderheit der Mischung von „So was von da“ entstand ebenfalls durch die Partyszenen und die dabei aufgeführte Live Musik. Valentin Finke nutzte beim Mix Mehrspuraufnahme der während des Drehs angefertigten Konzertmitschnitte. Live Musikaufzeichnungen am Filmset brauchen Mut und sind aufwändig, erzeugen aber auch eine ganz besonders authentische Stimmung. Dies zeigen nicht nur Klassiker wie „Blues Brothers“ sondern auf beeindruckende Weise auch „So was von da“.