Offener Brief der Berufsvereinigung Filmton an die Intendanten der deutschen Fernsehsender
Seit 80 Jahren gibt es den Tonfilm – mindestens seit 30 Jahren Filmtongestaltung/Sounddesign. Trotzdem sucht man den Posten „Tongestaltung“ in Vorspännen von TV-Movies vergeblich. Die Berufsvereinigung Filmton hat deshalb einen offenen Brief an die Intendanten der deutschen Fernsehsender geschrieben und fordert darin die sofortige Einführung dieser Kategorie. Hier kann man den Brief als PDF laden.

Der Brief im Wortlaut:

Sehr geehrte Intendanten der deutschen Fernsehsender,
seit 80 Jahren gibt es den Tonfilm, obwohl der Stummfilm nie stumm war: auch im so genannten Stummfilm kam das Bewegtbild nicht ohne musikalische, also auditive Verstärkung aus.
Jeder kennt den Effekt: drehe ich beim Horrorfilm den Ton weg, kann mich das stumme Bild nicht mehr schockieren: es lässt mich kalt.
Spätestens seit dem Film ‘Apocalypse Now’ (1979) und dem großartigen Sounddesign eines Walter Murch werden Filme von Tonkünstlern mit einer eigens kreierten Tongestaltung versehen, die der Filmhandlung erst ihre reelle Legitimation und dramaturgische Tiefe gibt.
Große Filmregisseure haben dies auch öffentlich bekundet:
George Lucas:
“Sound is fifty percent of the motion picture experience, and I’ve always believed audiences are moved and excited by what they hear in my movies at least, as much as by what they see”
David Lynch:
“Films are 50 percent visual and 50 percent sound. Sometimes sound even overplays the visual.”
Akira Kurosawa:
“Cinematic sound is that which does not simply add to, but multiplies two or three times, the effect of the image.”
Auch in heutigen TV-Movies setzen qualifizierte Sound Editoren und Sound Designer ihr technisches Know How und ihre Kreativität in diesem Sinne ein und bemühen sich trotz knapper Budgets und Zeitrahmen in Abspache mit der Regie um ein Optimum an dramaturgischer Wirkung der Tonebene, die heute durch moderne Home-Entertainment-Anlagen in 5.1 auch in Wohnzimmern erlebbar wird.
Umso frappierender ist es festzustellen, dass dieses wichtige Berufsbild der Filmbranche systematisch unterschlagen wird und weder in Vorspännen noch in Internet- und Plakatveröffentlichungen namentlich erwähnt und gewürdigt wird. Ja, nicht mal in Abspännen findet sich Platz für den Tongestalter.
Ein offener Brief eines Filmvertonungsstudios an den Leiter des Referats Adolf-Grimme-Preis anlässlich der Verleihung 2009 spricht Bände:

Sehr geehrter Herr Spies,
mit Interesse haben wir die Stablisten der diesjährigen Grimme-Preisträger verfolgt. Handelt es sich um Stummfilme? Ich kann keine Nennung von Ton, Sounddesign oder Mischung erkennen. – Aber das kann ja gar nicht sein, dass dies alles Stummfilme sind, denn an zwei Preisträgern haben wir erfreulicherweise die komplette Tonbearbeitung vorgenommen […] Vielleicht ergänzen Sie das ja im nächsten Jahr. Uns – und die ganzen anderen Tonschaffenden – würde es sicher freuen, auch repräsentiert zu sein. […]


Wir, die Berufsvereinigung Filmton e.V. (bvft), fordern Sie auf, diesen Anachronismus, diese veraltete Tradition schnellstens zu beenden und verbindlich dafür zu sorgen, dass die Tongestalter (neben Set-Tonmeistern und Mischtonmeistern) in Vorspännen von TV-Movies und -Serien, mindestens aber in Abspännen namentlich genannt werden, denn sie stehen auf einer Stufe mit Bildeditoren und Filmkomponisten, die immer im Vorspann stehen.
Über eine Reaktion Ihrerseits würden wir uns freuen. Für ein Gespräch und Rückfragen stehen wir jederzeit zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,
die Mitglieder der Berufsvereinigung Filmton e.V.
vertreten durch den Vorstand