Sieben Winter in Teheran – Harte Realität und emotionaler Klangraum 

Beim diesjährigen bvft-Tonpanel auf der Edimotion 24 haben wir uns mit dem Sounddesign des Dokumentarfilms „Sieben Winter in Theran“ (Regie: Steffi Niederzoll) beschäftigt. Zu Gast war bvft Mitglied und Sounddesigner Andreas Hildebrandt.

Mit ihm hat sich ebenfalls bvft Mitglied, Moderator und Originaltonmeister Jörg Kidrowski unterhalten über die subtile Tongestaltung des preisgekrönten Dokumentarfilms (Lola für den besten Dokumentarfilm und den besten Schnitt), der die Geschichte der Iranerin Reyhaneh Jabbari erzählt, die als 19jährige bei einem Vergewaltigungsversuch in einem Akt der Selbstverteidigung den Täter erstochen hat und daraufhin zum Tode verurteilt wird. Der Film rekonstruiert den Fall anhand von persönlichen Videoaufnahmen, die teilweise heimlich aufgenommen wurden, Aussagen und Erinnerungen ihrer Familie und Mitgefangenen, sowie anhand von persönlichen Briefen, die von Reyhaneh Jabbari im Gefängnis verfasst wurden.

Zum Einstieg in das Werkstattgespräch wurden die ersten 30 Minuten des Filmes gezeigt. In diesem Ausschnitt konnte man erkennen wie sich die ganze Geschichte entfaltet. Sie bildeten eine gute Gesprächsgrundlage, da darin schon fast alle Elemente der filmischen Erzählung und der daraus resultierenden Tongestaltung erkennbar waren.

Andreas Hildebrandt erzählte von der besonderen Herausforderung einen Film zu gestalten, der im Material kaum verwertbaren Originalton aufweist, da dieses zum großemn Teil aus heimlich gefilmten Aufnahmen und Aufnahmen von aufwändig gestalteten Modellen wie zum Beispiel dem Gefängnis, den Zellen oder der Tatwohnung. Er beschrieb wie er die einzelnen Elemente der Tongestaltung zusammenbrachte wie zum Beispiel ein gesungenes Schlaflied von Shole, Reyhanehs Mutter, und Gespräche mit ihr, Aufnahmen von Telefongesprächen mit Reyhaneh und heilmichen Interviews mit dem Vater, die alle enorme qualitative Unterschiede aufwiesen. Außerdem wurden noch Reyhanehs Aufzeichnungen eingesprochen.

Nicht nur der technische Aspekt der Tongestaltung wurde behandelt sondern auch die Frage, wieviel emotionalisierende Tongestaltung ein Dokumentarfilm verträgt, der ein so sensibles Thema behandelt. Andreas Hildebrandt beschrieb, wie er gerade am Anfang des Filmes in der Tongestaltung mit subtilen, kleinen Elementen eine Horror-Atmosphäre kreiert hat, mit einem langsam gestrichenen Bogen auf einem Kontrabass oder Schritten im Hintergrund zu einer langsamen Kamerabewegung durch die Modelwohnung. Mitunter war die Tongestaltung eher die eines Spielfilms als eines Dokumentarfilms.

In die Montage war Andreas Hildebrandt schon ab einer frühen Fassung intensiv involviert und konnte so erreichen, daß einzelne Einstellungen länger wurden, damit sie im Zusammenhang mit seiner Tongestaltung eine eigene Energie entwickeln konnten. Als in der Mischung dann die Tongestaltung in der Lautstärke sehr runtergefahren wurde konnte er die Regisseuren und den Mischtonmeister davon überzeugen, daß eine höhere Lautsärke dem Film angemessener ist und ihm mehr erzählerische Kraft verleiht.

Unter Einbeziehung des Publikums von Anfang an ergab sich eine facettenreiches und lebhaftes bvft-Panel auf der diesjährigen Edimotion 24.

Wir danken unserem bvft Mitglied Marilyn Janssen, Mischtonmeisterin und Soundeditorin, für die Organisation und Durchführung.

Autor: Jörg Kidrowski

Bildrechte: Little Dream Pictures

Jörg Kidrowksi, Andreas Hildebrandt, Marilyn Janssen und Leo Wang. Foto: M. Mainz

Andreas Hildebrandt und Jörg Kidrowski. Foto: M. Janssen.

Andreas Hildebrandt und Jörg Kidrowski. Foto: M. Janssen.